Frank Köstler

Die Angst nach dem ersten Mal
oder
Die Erfolgsfalle

Sie haben Ihre erste Sitzung abgehalten. Sie gehören vielleicht zu den Menschen, denen es angeboren ist, einfach akzeptieren zu können, was Sie erlebt haben. Ja?

Sind Sie einer derjenigen, die einem Außerirdischen, wenn er denn Sonntagnachmittag mit seinem Raumschiff in Ihrem Garten gelandet ist, einen Tee anbieten? Dann brauchen Sie nicht weiterzulesen.
Oder Sie haben die Sitzung verpatzt und finden das alles absoluten Quatsch. Auch dann brauchen Sie nicht weiterzulesen. Sie haben es noch besser: Sie können das Buch beiseite legen oder betrachten nun alles unter dem Aspekt: "Kuriose Splittergruppen im neuen Jahrtausend" oder so ähnlich.
Es wird eine Menge Menschen von Ihnen geben, die aber Ihre erste Sitzung hinter sich gebracht haben und sich DANN fragen, was da eigentlich passiert ist und warum. Die vielleicht auch ein bißchen Angst vor dem Stattgefundenen empfinden.

Vielleicht hatten Sie in Ihrer ersten Sitzung eine alte gotische
Kapelle als Target. In der ersten Sitzung wurde Ihr Verstand ganz einfach überrumpelt. Alles war neu für ihn und er hat weniger Chance als später, erfolgreich dazwischenzufunken.
Sie produzieren mehrere Treffer, wie zum Beispiel Stein, grau, quaderförmig, menschengemacht, viel Mühe und Arbeit darinnen, groß, muffig, Holz, rauh, gerade usw.
AULs könnten Turm, Gebäude, altes Gebäude etc. sein.
Sie haben ein liegendes und daneben stehendes Rechteck gemalt.
Nach der Sitzung öffnen Sie den Umschlag und betrachten diese wunderbare alte Kirche. Genau in diesem Moment hat Ihr Verstand ein riesiges A-ha Erlebnis.
Er erlebt nicht nur, wo der Hase langläuft (am Ende der Sitzung wird geguckt und verglichen), nein, in diesem Augenblick haben Sie einige bevorzugte Bahnen im Kopf erschaffen. Darauf wird noch gesondert einzugehen sein.

Jetzt beginnt erst einmal das Gegängel, daß Sie noch in allen Facetten kennen lernen werden, sobald Sie Remote Viewing ernsthaft angehen.

Ihr Verstand ist aktiv. Im Regelfall wird der eine Menge anzubieten haben, von Zufall über Betrug und Manipulation, bis hin zum Relativieren ihrer Ergebnisse.
"War ja auch nicht so schwer!" oder "Stein ist ja überall drinnen!" so ähnlich könnten seine Rettungsversuche lauten. Sie brauchen über das stehende Rechteck gar nicht "bimmbamm" gekritzelt haben. Er würde es galant ignorieren.

Dabei ist er schon vollständig abgestürzt. Er kann sich nicht erklären, wieso das erste Target ihren Aufzeichnungen entsprach und weil er der "Herr Oberlehrer" ist, kann er das natürlich nicht akzeptieren. Also werden Zweifel gesät. Wenn dann gar nichts mehr übrig bleibt, ist es eben die Unwiederholbarkeit des Erfolges beim nächsten Mal. "OK. Ging halt zufällig. Ging eben irgendwie, aber NOCHMAL geht das garantiert nicht!"
Da stecken wir also wieder einmal mittendrin in einem dieser Teufelskreise des Remote Viewing.

Da wird eine Erwartungshaltung produziert und ein Erfolgsdruck aufgebaut. Die Garanten einer mißlungenen Sitzung. Wo bleibt die Intuition, die Spontaneität? Sie sind verschüttet unter dem Geröll der Zweifel.

Mir ging es genauso. Ich habe es "die Angst nach dem ersten Mal" getauft. Fast war ich soweit zu sagen: "Alles klar. Hat geklappt. Es kann nun nur noch schlechter werden. Ich weiß jetzt, es geht!"

In mir war aber einfach auch das Gefühl, ja, fast die Gier nach einem neuen Target und beides hielt sich in etwa die Waage.

Gold wert sind nun Gespräche und Leute an die Sie sich wenden können. Menschen, die Ihnen helfen, ein Stück dieses ungeheuerlichen Vorganges zu verarbeiten und sich mit den Selbstzweifeln auseinander zusetzen.

Wenn Sie alleine arbeiten, wird es nun sehr schwer. Lassen Sie sich zwei Tage Zeit und führen Sie entgegen der Zweifel eine neue Sitzung durch. Geht die in die Hose, hat Ihr Verstand, was er brauchte und Sie können ein Stück freier die dritte Sitzung angehen. Es wird ein Balanceakt werden, bis Sie vor sich selbst akzeptieren können, Ideogramme zu malen und Eigenschaften einer Linie herauszuschreiben.
Finden Sie alles gar nicht so wild? Ist ja nicht so schwer, das vor sich zu akzeptieren?

Super: wenn das alles so normal ist, schlage ich vor, morgen, sobald Sie Ihren Nachbarn auf der Straße treffen, mal ganz unbefangen zu erzählen, was Sie so alles aus Linien herausdeuten, wie die sich anfühlen und wie prima farbig Ihnen ihr Bleistiftgekrakel so vorkommt. Zur Verdeutlichung können Sie ja ihr Ideogramm mitnehmen, oder besser, eines der gestochen scharfen Stufe 3 Gemälde. Also, meine sahen immer so aus, als hätte ein unter Verfolgungswahn Leidender seinen Irrweg durch die Stadt skizziert, um die Verfolger abzuschütteln...
Schicken Sie mir bitte ein Foto seines Gesichtes mit.

Ok. Sie stehen wahrscheinlich doch noch nicht so ganz dahinter.

Der beste Tipp bleibt hier: Einfach weiter. Es wird von Ihrer Hartnäckigkeit und Zielstrebigkeit abhängen, diese erste gewaltige Hürde zu überspringen. Wenn Sie fünf Sitzungen daneben liegen, hören Sie eine zeitlang auf. Sobald Sie wieder Lust haben, lesen Sie in Ruhe die Handbücher. Überprüfen Sie noch einmal, ob Sie formale Fehler begangen haben - nicht mehr.
Tja. Mein alter Mathelehrer hatte die ekelhafte Angewohnheit, falsche Aufgaben mit den Worten "Nochmal neu!" zu kommentieren.

Es hilft nichts. Fangen Sie von vorne an und ran geht's!

Sobald Sie nach der Sitzung zwar die gelungenen Ergebnisse zur Kenntnis nehmen mußten, aber kurz darauf spürten, daß sich eine nicht näher bezifferte Angst einschleicht, eine Frage, ob Sie das dürfen oder ob es natürlich ist, stecken wir mitten in einem anderen Dilemma. Religiös betonte Menschen könnten sich fragen, ob es Satanismus oder eine Irrlehre ist, Sie also vom gottgewollten Weg abkommen, erscheint es doch geheimnisvoll und mysteriös, was da geschah. Irgendwie scheint das mit Gläserrücken oder Pendeln zu tun zu haben.
Nach dem Negieren des Ergebnisses - einer rein ratiolastigen Reaktion,
führen uns derartige Gedankengänge weit zurück in unser schematisch angelerntes Urverhalten: vielleicht kennen Sie ja den beliebten Trick, einen angreifenden Schäferhund mit einem per Knopfdruck aufzuklappenden Schirm in die Flucht zu schlagen. Tatsächlich funktioniert er. Die Erlebenswelt des Hundes kann den plötzlichen Daseinszustand des Schirmes von lang und schmal in diese riesige Fläche vor seiner Nase nicht umsetzen und erklären. Zugleich ist die Schnelligkeit dieser Handlung für ihn erschreckend. Dieses Ereignis löst bei ihm instinktiv Furcht und damit instinktive Flucht aus.
Vielleicht erging es Ihnen gerade wie dem Hund. Sie wurden mit einem Bereich tangiert, den Sie nicht kennen, nicht erklären können, der geheimnisvoll und vielleicht bedrohlich wirkt, denn das Unbekannte konfrontiert Sie direkt und unerbittlich. Auch wir Menschen handeln nach dem instinktiven Raster des ersten Fluchtimpulses. Dem allerdings steht ein mächtiger Gegner entgegen, der in sämtlichen Lehrbüchern zum Training des Lernens immer wieder hervorgehoben wird: die Neugier. Sie treibt und motiviert uns, weiterzulernen. Wir Menschen sind offensichtlich neugieriger als ängstlich.

Irgendwann aber, wenn Sie hartnäckig genug sind - und damit meine ich schon die ersten 10 Sitzungen - geht es in eine Gewohnheit über. Diese Gewohnheit erzeugt eine Scheinsicherheit mit der die ersten wiederholbaren und qualitativen Ergebnisse einhergehen. Und mit dieser ersten Klippe, dem Gefühl "über den Berg zu sein", es geschafft zu haben, laufen Sie schon wieder mitten ins Tal herein...

Jetzt abzuspringen wird schwerer. Sie haben schon zu viel erlebt. Sie haben den Zucker gekostet. Sie möchten mehr. Qualitativere Daten, genauere Beschreibungen. Sie sind auf dem Weg alles besser machen zu wollen. Jede Sitzung soll mehr bringen. Genau dann erwischt es Sie wahrscheinlich ganz kalt und eine Sitzung geht schon wieder komplett daneben.

Die Gewohnheitsfalle

Sie praktizieren nun schon einige Zeit Remote Viewing und sind mit den Ergebnissen insgesamt zufrieden. Sie haben damit begonnen, sich eine Art Handwerkzeug zurechtzulegen und haben Vorlieben ausgebildet. Vielleicht gefallen Ihnen in Stufe 2 die Geräusche besonders gut, weil Sie bemerken, wie diese Sie an einer Art Schnur zum Target führen oder Sie mögen das spontane Herausmalen von Formen, weil Sie da eine Resonanz bemerken.
Ganz nach den individuellen Eigenarten sucht nun jeder selbst nach dem Weg durch das Dickicht.

Dabei tappen viele schon in die nächste Falle. Die weiter oben schon angesprochenen, bevorzugten Bahnen.
Überlegen wir doch einmal, wie wir bislang gelernt haben. Zum Beispiel das Autofahren. Die ersten Stunden mag es unmöglich sein, den Schleifpunkt der Kupplung zu finden und Sie bewegen das Auto beim Starten sprunghaft nach vorne. Irgendwann haben sie zum fünften, sechsten Mal getroffen und Sie können sich einem neuen Problem zuwenden. Zum Beispiel, daß Sie die Bremse treten, sobald Sie eine rote Ampel in unmittelbarer Nähe vor sich sehen. Auch das werden Sie bald intus haben und es geht zum nächsten Problem. Und so weiter.
Unser Gehirn funktioniert bei Lernprozessen scheinbar wie ein Stapelverarbeitungsprogramm. Alles was erlernt wurde, wird einsortiert, mit einem netten Etikett auf der Schublade versehen, und ist abgehakt.

Was Remote Viewing angeht, kann man das Viewen an sich nicht in den konventionellen Bahnen lernen. Sie lernen nur ein Gespür für unterschiedliche, am besten sehr viele verschiedene Gedanken zu finden.

Das Protokoll, ja, das können Sie auswendig lernen, bis es wie das Autofahren in Fleisch und Blut übergegangen ist. Aber das ist nicht einmal ein Zehntel der Miete.

So. Den Rest aber, das korrekte Filtern der Daten, DÜRFEN Sie nicht auf diese Art und Weise lernen. Gewollt ist eben, keinen Boden unter den Füßen zu haben, ein für den Ratio schlichtweg unerträglicher Zustand.
Er ist Jahrzehnte darauf programmiert, Gewöhnung mit Lernerfolg abzuspeichern und nach diesem Muster zu handeln.

Was meine ich konkret damit?
Bleiben wir beim Beispiel der oben genannten gotischen Kapelle. Vielleicht hat Ihr Monitor Ihnen auf die ersten Sitzungen zudem noch ein paar alte Gebäude gegeben.
Dann ist die Gefahr groß, bereits ein Gewöhnungsraster im Kopf zu haben.

Dieser an sich irrationale Vorgang basiert auf der Überprüfung von Erlebtem und Erfolg. Sie hatten in der ersten Sitzung ein großes Bestätigungserlebnis. Angenommene Dinge stimmten mit der Wirklichkeit überein. Das macht richtig "BUMM".
Positive Bestätigung lässt uns seit den ersten Kindheitstagen ein "Richtig - Raster" anlegen.
So funktioniert das seit kleinauf: Mami freut sich immer so unglaublich und schreit mit lauter Stimme "Klasse! Toll! Gut hast Du das gemacht.", sobald ich meine Wurst hier in das rote Töpfchen drücke, das sie mir seit ein paar Tagen da hingestellt hat. Früher habe ich das immer gleich in die Windel gelegt. Na, wenn Sie das so toll findet, mache ich das halt so. Ist wohl richtig!"
Unbewußt werden Sie nach den ersten Sitzungsbestätigungen ganz naiv zum Prinzip "try and error", zum gleichen "richtig gemacht," zurückkehren.

"Stein ist gut, rauh ist nicht schlecht, gerade Linien kommen immer gut, Gebäude sind auch nie ganz verkehrt."

Es verspricht Ihnen Halt in diesem dimensionslosen Geschäft. Sie wissen zwar um die Idiotie dieser Annahme, denn natürlich kann heute falsch sein, was bei der letzten Sitzung der Volltreffer war, aber das ist gleichgültig, geht es doch um ein unbewußtes Schema. Wie ein Pawlow' scher Reflex hat es sich irgendwo in den kleinen grauen Zellen eingenistet.

Wir sollten uns derartig behindernde Dinge nicht allzu böse nehmen. Es ist das Muster, mit dem Sie all die Jahre Ihres Lebens nicht nur sicher über die Straße kamen und sich merkten, daß kochendes Wasser heiß ist. Sie sind auf die Kombination von Erfolg und Gewohnheit programmiert. Auf try and error.
Wenn ich mir vorstelle, unser Alltag wäre so geartet, daß man sich das eine Mal an kochendem Wasser die Finger verbrennt und morgen an Eiswürfeln, dann hätte ich zwar über die Jahre eine Offenheit ausgebildet, die bombastisch wäre und keine Wünsche zum Viewen mehr offen lässt, hätte aber eine Menge angebrannter Fingerkuppen. Auf nichts wäre Verlass. Aber um das kurz anzumerken: Vielleicht hätten wir den siebten Sinn besser ausgebildet, der uns automatisch und direkt mitteilen würde, daß der Eiswürfel mal heiß und mal kalt ist.

Aber wie gehen wir jetzt weiter vor?

Jetzt beginnt die Krux. Wie treiben wir uns so einen Quatsch wieder aus, ohne uns in einem Labyrinth von Irrungen zu verlaufen? Denn so sicher wie das Amen in der Kirche, werden wir mit dieser Fixierung scheitern. Mag Ihnen nach den ersten Erfolgen ein "AUL Gebäude" noch so bekannt und zutraulich vorkommen, wie das sympathische "rauh" aus der 2. Sitzung und der Klassiker "kantig-hart" von vorgestern, fragt man sich doch andererseits, ob man hier Fehlern aufsitzt.

Schließlich ist es nicht unmöglich, daß Sie bei der nächsten Sitzung wie mit 2,0 Promille auf dem Ideogramm herumfahren, während da ein "rauh" aus dem Nichts auftaucht. Jetzt fragen Sie sich natürlich, ob Sie es als AUL werten oder aber als gültig niederschreiben. Schließlich könnte ja der Verstand dahinterstecken! Was jetzt? "Mache ich ein AUL davor, kann es falsch sein, nehme ich es in die Ergebnisliste rein, wird es auch nicht besser. Ich kann nicht jedes einmal benutzte Wort nie mehr zulassen. Auch Unsinn. Es ist zwar kein richtiges AUL, schließlich ist der Eindruck nicht komplex, obwohl, das rauh das ich spürte......"
Sie ahnen, wo die Lösung liegt. Nein?
Während Sie darüber auch nur eine halbe Sekunde in der Sitzung grübeln, haben Sie schon verloren. Denn Sie sind nicht mehr bei der Sache. Man kann es nur betonen. Ihr Job ist doch, einfach nur Eindrücke herauszuschreiben. Also tun Sie es auch. Überlegen Sie auch nicht. Sie kommen sowieso zu keiner Erkenntnis, ob jetzt Ihre rechte oder linke Hirnhälfte das Wort "rauh" oder den Eindruck "rauh" erschuf.
Da Sie niemals in Ihrem Leben mehr wissen werden, wie das gerade nun funktioniert hat, keinen einzigen Menschen mehr treffen werden, der es Ihnen sagen kann und selbst das Gelöbnis die nächsten 20 Jahre in einem buddhistischen Mönchskloster zu verbringen, um auf diese Frage eine Antwort zu erhalten, zu keinem sicheren Ergebnis führen wird, konzentrieren Sie sich doch einfach auf Ihre Aufgabe. Wir stellen uns dumm, was bedeutet: "rauh" ist ein absolut geltender Eindruck. Nicht komplex, kein AUL, ab in das Ergebnis und WEITER.

Ich hatte mit dieser Sache anfangs die größten Probleme. Nicht, daß ich mich noch heillos im Irrgarten verlaufen hätte.
Zusätzlich machten wir den Fehler, daß, motiviert durch unsere Liebe zu alten Gebäuden, fast nur Treffer in den ersten vier bis fünf Sitzungen herauskam. Alles war immer eckig, quaderförmig, steinig-porös, steil, gerade, hoch und breit, grau - und am besten noch mit althessischem Schieferdach, ungefähr 1756 von Johann Müller gedeckt, und gerade erneuert..
Bombenmethode.
Heute frage ich mich natürlich, wie man so blöd sein konnte.
Man hätte auch die letzte Sitzung kopieren können. Dann macht man wenigstens nicht so einen Rabatz um das Ganze.
Das Elend begann, als mir das erste Mal die Nahaufnahme eines Wales als Target serviert wurde.
Haben Sie schon einmal einen eckigen, harten, quaderförmigen, alt-römischen Wal gesehen, der auf einer Wiese steht?

Bis dahin hatte ich schon sehr starke Prägungen angelegt, hatte ein Muster und Gewohnheitsschemata im Kopf, mit dem ich noch heute, Monate später kämpfe. Noch immer fällt mir das viewen alter Gebäude wesentlich leichter, als irgendetwas anderes.
Bis jetzt hatte ich lediglich dieses Problem, daß mir nur durch einen cleveren, ausgebufften, mit allen Wassern gewaschenen, genialen und medial begabten, gutaussehenden und charmanten Monitor wieder genommen werden konnte. Einen, der mich quält. Wer war da besser geeignet, als, sie ahnen es - meine Freundin. Begünstigt durch ihre hochintelligente und sensible Art, wußte sie nach dem Rechteckwal-Desaster, was geschehen mußte. Der Mann brauchte unterschiedliche Targets. Auch Sie sollten also am Besten von vornherein möglichst offen gehaltene Sitzungen anstreben. Deshalb schicken Sie den Viewer durch verschiedene Targets. Sie sollten nicht nur für Abwechslung sorgen, sondern die Targets auch fördernd einsetzen. Wie Sie in der oben dargelegten Ägypten-Sitzung sehen, habe ich ein Target gewählt, das dem Viewer mit mehr Wahrscheinlichkeit einen Erfolg verspricht. Es liegt inmitten der persönlichen Vorlieben, was den individuellen Kontakt erleichtern müßte; es ist ein Objekt mit sehr viel Aura, da es nicht nur mit extremem Energieaufwand errichtet wurde, sondern auch heute noch unzählige Menschen dorthin reisen und den Ort durch ihr Erstaunen und die Verblüffung aufladen läßt. Und es ist zusätzlich ein Ort mit vorhandenen Extremen, da es bei den Pyramiden von Gizeh sehr heiß ist. Jede sehr auffällige Eigenschaft des Targets hilft dem Viewer, Verbindung zu finden. Insgesamt also die besten Voraussetzungen für eine leichte Grundschulaufgabe im Remote Viewen.
Nach einer erfolgreich verlaufenen Sitzung können Sie durchaus ein Objekt wählen, das schwieriger ist, oder bei dem zu erwarten ist, daß der Viewer kein gesteigertes Maß an Interesse daran hegt. Schließlich soll er lernen, alle Dinge - ob sie Ihm gefallen oder nicht - zu beschreiben.
Achten Sie peinlich darauf, nach keinem nachvollziehbaren Gesetz bei der Auswahl zu handeln. Dies könnte schließlich auch darin bestehen, so peinlich auf Abwechslung fixiert zu sein, daß die Abfolge zweier gleichartiger Zielobjekte in den Sitzungen hintereinander niemals gewählt wurde und insgeheim als verlässlich angesehen wird. Also darf die Auswahl der Targets dann auch nicht so unterschiedlich sein, daß er genau weiß, sobald ein Tier als Target gewählt wurde, kommt kein zweites. Erst Recht nicht als folgende Sitzung. Die Auswahl der Targets geschieht also sehr bedacht und orientiert sich am Lernstand des Viewers.
Günstigstenfalls muß es also durch den Monitor so durchdacht sein, daß es aus der Sicht des Viewers wieder so zufällig wie ein Roulette Spiel oder die Ziehung der Lottozahlen erscheint.
Also hat die Auswahl des richtigen Targets entscheidenden Einfluß auf den Lernverlauf und das innere Gleichgewicht des Viewers. Mit jeder Vorahnung oder Polung, jeder noch so geringen Fehlinformation, reißen Sie Ihn aus der erwünschten Neutralität. Diese Wechselduschen sind ein wenig wie das alte römische Herrschaftsgebot von Zuckerbrot und Peitsche.

Die Lehre daraus: Ein Viewer muß auch gequält werden. Unterschiedliche Motive sollten, gerade in der Anfangszeit, herangezogen werden. Er darf sich auf nichts verlassen können. Er darf nichts ahnen. Ansonsten schicken Sie Ihn in eine Hölle aus Selbstzweifeln. Jetzt befinden wir uns aus seiner Sicht vor dem Sitzungsbeginn inmitten eines großen Glücksspieles - und das ist genau so gewünscht.

Die Sanitäterfalle
oder
Mut zum Untergang

Nach der Sitzung standen wir auf der Terrasse und blickten in die Sterne. Es war eine wundervolle Nacht. Davon sah ich leider wenig. Ich war am Boden zerrüttet. Meine Targetbeschreibung entsprach der Genauigkeit altschlesischer Bauernregeln: sie war vollkommen daneben. Schnell entbrannte eine Diskussion über Hilfen.
"In Stufe 2 hättest du doch sagen können, konzentriere dich etwas mehr auf den inneren Teil, dann wäre ich nie soweit abgekommen!"
"Klar. Hätte ich. Was würde es bringen? Du kommst von selbst darauf oder nicht!"
"Hm!"
Ja. Das war sie. In ihrer trockenen und beinharten Art hatte sie es wieder einmal auf den Punkt gebracht. Es stimmt ja.
"Blödsinnige Methodik. Der Kram geht nicht! Punkt und um. Der Abend ist fast vorüber - verschenkt - ja?!? - unnötig verschenkt!! - und raus kam nichts - nur Mist - nur Mist !!!!"
"Wenn du Bockmist machst, dann schiebe es nicht auf das Protokoll. Hatte der Eisberg schuld, daß die Titanic sank? Das Protokoll ist schuld? Für mich war es die Titanic. Sie kann schneller fahren, ausweichen, was auch immer. Du hättest umdenken können. Also: etwas mehr Rückgrat. Stelle dich auf die Brücke deines gerade untergehenden Schiffes, lege die Hand an die Mütze und bewahre etwas mehr Haltung."
Die hat gut reden, dachte ich mir, die hat ja lauter Volltreffer bisher und grinsen tut sie auch noch. Die kennt ja nicht das Gefühl, mit der Hand über das Fell einer Kuh zu streichen, die frische Almluft zu riechen, nur um zu erfahren, daß das Target die Innenaufnahme einer Flughafenwartehalle ist. Wenigstens stand da eine Frau mit Pelz (nein - kein Kuhfell, aber wer weiß, wie die wirklich roch?) Aber diese Gedanken identifiziert jeder, der sich mit der Methode einigermaßen auseinandersetzt, einfach und richtig als "Frohschwätzerei". Nicht "on Target". Punkt.
"Ich gehe jetzt ins Bett!"
Senken wir hier den Vorhang über die unerfreuliche Szenerie und wenden wir uns dem Thema "Hilfen" zu.

Ihr Viewer schreibt gerade begeistert und voll motiviert vermeintlich falsche Sinneseindrücke heraus und produziert reihenweise AULs, die nicht im entferntesten dem Target entsprechen? Sie wollen dem Viewer etwas auf den Sprung helfen? Jede "Hilfe", wie das Tunneln herausgeschriebener Daten, das Umlenken seiner Aufmerksamkeit auf das richtige Bild im Briefumschlag, wird dazu führen, daß:

u das Sitzungsergebnis nicht zufriedenstellend, da fragwürdig geworden ist, denn die komprimierten Daten basieren schließlich auf einer sachlichen Beeinflussung der Person, die das Ziel kannte;

u der objektiv erzielte Erfolg des Viewers geschmälert wird. Er hat es nicht ohne Hilfe geschafft und weiß das nur zu gut. Sind Sie gerade in der Anfangsphase des Lernens, kann es mit etwas Skepsis sogar dazu führen, die Methode anzuzweifeln. Spätestens jetzt haben Sie eine Negativspirale in Gang gesetzt: Remote Viewing geht nur mit Schummeln, heißt es dann schnell - mit den entsprechenden Auswirkungen.

"Hättest du nicht gesagt: "Schau doch einmal, ob du einen Turm siehst", wäre ich da nie drauf gekommen!"
Was soll man dazu sagen? Der Viewer hat zwar nur bedingt Recht, denn schließlich ist ihm unbekannt, was er während der Sitzung noch geviewt hätte, aber er liegt mit der Grundaussage vollkommen richtig. Er kann sich auf das gemeinsame Ergebnis einfach nicht verlassen. Er hat es nicht selbst erarbeitet. Es wurde ihm vor die Nase gesetzt.

Genaugenommen haben Sie nur zwei Chancen vertan: erstens während der regulär abgehaltenen Sitzung doch noch einen echten Erfolg zu erzielen (mit den entsprechenden Auswirkungen auf Ihr Gefühl, die Selbstbestätigung und die Motivation) und, falls die Sitzung vollkommen in die Hose gegangen wäre, in der Nachschau den Fehler zu finden und sich dessen bewußt zu werden, daraus zu lernen.
Meine Empfehlung ist, durch diese Hölle aus verpatzten und guten Sitzungen hindurchzugehen.

Ich las auch von der Empfehlung, den Viewer mit "gut", "läuft prima" und ähnlich gehaltenen Allgemeinplätzen zu bestärken.
Auch dem stehe ich eher skeptisch gegenüber. Sicherlich sagen diese kleinen Positivverstärker nichts, aber auch gar nichts aus, gefährden also nicht die Moderationsrolle des Monitors. Sie bleiben dennoch gefährlich:

Ich malte in einer der ersten Sitzungen fleißig auf dem Ideogramm umher. Die Zunge im Mundwinkel und immer schön mit dem Stift auf der Linie bleibend.
"Super. Klasse machst Du das!"
?!?
Was will sie gerade von mir? Male ich jetzt "Super-Klasse" auf der Linie rum? Sie mag ja Miro und solchen Kram, vielleicht gefällt ihr das Ideogramm?
"Schatz, ich male nach der Sitzung bißchen bunt dazu und wir hängen es neben Deinen Mirodruck, ok?!"
Wir beide lachten und freuten uns.

In einem Satz: Wir waren abgelenkt. Ja. Die Sitzung erfährt dadurch eine positiv entspannte Atmosphäre. Augenscheinlich aber wird der Viewer auch schnell aus der Konzentration gerissen.

Schlimmer noch ist die Gefahr, mit einer "kleinen Aufmunterung" Gedankenkreisläufe in Gang zu setzen. Sie wissen als Monitor nicht definitiv, wie stabil Ihr Viewer am Target ist. Er schreibt in Stufe 2 gerade ein "rauh" und "kantig" heraus. Gerade jetzt sagen Sie:
"Weiter so, wir arbeiten uns doch prima ran!" Alles nichtssagende Satzhülsen, ja.
Ihr Viewer allerdings fragt sich, weshalb er ein Lob GERADE JETZT bekam, zeitgleich mit dem Herausschreiben seiner Erkenntnisse. Ist das Haupttarget etwa kantig und groß? Ein Gebäude? Bing-bong!
Wenn er jetzt nicht aufpasst, hat er blitzschnell einige AULs in seinem Unterbewußtsein. In jedem Fall aber animiert es Ihn, über die Interaktion gerade nachzudenken oder gar die Begriffe zu hinterfragen. Ist er protokollerfahren und aufmerksam, schreibt er nun "AUL Gebäude" heraus.
Vermeidbare Zusatzarbeit. Schnell aber wird er mit seinem aktivierten "siebten" Sinn auf eine Fährte gelockt. Er setzt unbewußt eine Spirale von Assoziationen in Gang, die Ihnen als Monitor vollkommen entgehen werden, die Sie nicht einmal ahnen und damit auch nicht kontrollieren können. Vielleicht kommt er durch diese "Hilfe" gerade auf ein vollkommen falsches Gleis und dampft unbemerkt von dannen. Sie mögen richtigerweise einlenken, daß einfach nicht protokollkonform geholfen wurde, Sie Ihre Monitorrolle nicht verletzten und die Gedanken des Viewers ja gerade nicht Ihre Sache sind. Bei komplizierteren Naturen unter uns kann ein deplaziertes Lob aber, ähnlich wie der Flügelschlag des Schmetterlings in Südamerika, der zum Sturm über Europa führt, zum Scheitern der Sitzung führen.
Gerade in den ersten Sessions fühlt man sich als Viewer genauso unsicher, wie es die Wettervorhersagen sind. Diese innere Destabilität lässt Sie wahrscheinlich JEDE Information von außen in einem unbekannten Maß neu gewichten. Ob Sie das wollen oder nicht. Der - um im Bild zu bleiben - wie die Titanic unweigerlich untergehende Ratio - wird nach jedem Lösungsversuch aus dem Dilemma schielen.

Wenn Sie als Monitor der festen Überzeugung sind, die Sitzung entgleist in einem frühen Stadium, können Sie abbrechen und nach einer kleinen Pause erneut mit dem Schreiben der Koordinaten und einem frischen Zielkontakt beginnen. Das ist möglich und regulär. Auch gegen das Nachfahrenlassen bestimmter Ideogrammbestandteile zur Festigung bestimmter Eindrücke ist nichts zu sagen. Aber bedenken Sie bitte, daß dies alles nur Verfahrenshilfen sind.

Weiterhin haben sie die Möglichkeit über stetiges "hm-hm" eine Atmosphäre der Sicherheit zu schaffen. Der Viewer bemerkt hierbei, daß er scheinbar "ganz gut arbeitet". Durch den häufigen - ja andauernden Gebrauch, dieses "hm-hm" bleibt ihm jedoch keine Chance seine Daten mit Ihrer (scheinbaren) Zustimmung zu verknüpfen. Schließlich kann und wird er auch nicht nachfragen, ob dieses "hm-hm" nun inhaltlich bejahend, oder verfahrensbedingt ist.
So blöd es klingt, kann man mit diesen sinnlosen Brummtönen eine Sitzung sehr gut kontrollieren.

Nein. Ich bin kein Freund von konkreten Hilfen. Sie verwirren nur, lenken ab. Da die Wahrnehmungsschwelle ohnehin heruntergefahren ist, bemerken Sie den Erfolg der Sitzung vielleicht ohnehin an der knisternden Spannung im Raum, kurzen und schnellen Regieanweisungen des Monitors und dergleichen.

Ich denke, die maximal zulässige Hilfe besteht in der Auswahl von "Leckerchen Targets". Ziele also, die der Interessenlage des Viewers entsprechen und bei denen er voraussichtlich ein Haufen Spaß haben wird.

Das führt uns zu einem hochinteressanten Effekt des Remote Viewing!

Lesen Sie weiter in: "Geheimnisse des Remote Viewing" von Frank Köstler